Und weiter geht es mit der Serie „Nachgefragt“ bei Schildkrötenhaltern. Diesesmal gibt uns Sabrina Einblicke in ihre Haltung griechischer Landschildkröten. Sabrina konnte schon erfolgreich umsetzen, woran ich noch am arbeiten bin: Ein Selbstversorgergehege für ihre Panzerträger😍.
Neben vielen Futter- und Gehegepflanzen ist bei einem Selbstversorgergehege die Größe und Strukturierung sehr wichtig. Und wie auf ihren tollen Bildern zu sehen ist, hat es Sabrina perfekt umgesetzt. Ein sehr schönes, naturnahes Schildkrötengehege!
Und als Highlight gibt es für ihre Schildkröten ein Flachwasserbiotop!
Eine natürliche Wasserstelle, von deren Idee ich begeistert war und mit Hilfe von Sabrina, Klaus und Gabi nun auch bei uns umgesetzt habe. Aber dazu später ein eigener Artikel☺️
Frage 1:
Welche Schildkrötenart hältst du? Und seit wann?
Ich halte 5 griech. Landschildkröten, Thb. Drei Mädels aus 2017 und zwei (hoffentlich) Mädels aus 2021.
Frage 2
Wie hieß deine erste Schildkröte?
Meine drei ersten heißen dicke Agathe, Wilhelmine und kleine Ottilie.
Frage 3
Wie hältst du deine Schildkröten und welche Technik benutzt du?
Die drei Großen leben in einem kleinen Gewächshaus (1.20m x 1.95m) mit direktem Anschluss zu einem Selbstversorgergehege. Nach einigen Vergrößerungen ist es ca 50qm groß.
Die beiden Nachzügler leben noch im Kindergarten: ein Alltop-Frühbeet mit abgegrenztem Selbstversorgergehege. Die Ausgänge zum Gehege sind mit einer elektrischen Hühnertür nachts verschlossen und lassen sich per Handy öffnen/ schließen.Ansonsten lege ich sehr viel wert darauf, dass sich die Tiere weitgehendst autark als Weidetiere versorgen können. Das Gehege ist mit über 50 verschiedenen Gehege- und Futterpflanzen bestückt und recht unwegsam, so dass sie klettern und Strecken zurücklegen müssen, um an verschiedene Pflanzen oder Plätze zu kommen. Da wir sehr stark sonnenexponiert wohnen, war es wichtig im Gehege verschiedene Zonen zu etablieren. So haben sie die Möglichkeit sich sowohl auf Steinen/ Splitt auf Temperatur zu bringen, so wie auch im Hochsommer immer noch feucht-kühle Rückzugsmöglichkeiten zu finden.
Mein persönliches Highlight ist sicher das Flachwasserbiotop (in Anlehnung an Klaus Kreyerhoff), das ich nun das dritte Jahr habe. Anfangs der Hygiene wegen unsicher, bin ich nach mehreren Wasserproben beruhigt und kann es als absoluten Mehrgewinn für die Schildkröten und die übrige Tierwelt im Garten empfehlen.
Alle Schildkröten starren in der Grube unter dem Frühbeet. Diese ist mit einer temperaturüberwachten Deckelheizung verschlossen. Die Schlafhäuser außerhalb der Starre sind ebenso mit einer Deckelheizung versehen. Technisch habe ich relativ rasch auf HQI-Strahler als Lichtquelle umgestellt.
Die Lichtqualität sorgt für eine weitaus größere Aktivität bis weit in den Herbst hinein. Die Strahler hängen relativ tief und werden auch als Wärmequelle genutzt, unter der sie auf grob 35 Grad kommen.Wird es richtig kalt, schalte ich parallel noch eine PAR-Wärmelampe zu. Wie vermutlich die meisten von uns hatte auch ich zu Beginn den Hang, es den Tieren zu warm zu machen. Mittlerweile schaue ich, dass im Gewächshaus/ Frühbeet verschiedene Temperaturzonen herrschen, die sie frei wählen können.
Außerdem „gönne“ ich ihnen im Sommer durchaus auch mal 1-2 Schlechtwetter-Tage, sprich: Sinkt die Temperatur mal ab, bleibt die Technik auch mal einen Tag aus. Auch im Habitat wechselt das Wetter durchaus.
Frage 4
Welche Wildkräuter fressen deine Tiere am liebsten?
Durch die Größe des Geheges und die Vielfalt der Pflanzen stellt sich ein recht ausgewogenes Fressverhalten ein. Auch beliebte Pflanzen werden somit nicht radikal vernichtet. Schön zu beobachten ist, wie die Tiere je nach Jahreszeit ihre Vorlieben ändern und sich scheinbar das holen, was sie zur Zeit benötigen.
Immer hoch im Kurs sind bei uns aber Pimpernelle und Spitzwegerich. Blüten verfüttere ich generell nicht, und auch auf das Füttern von getrockneten Wildkräutern verzichte ich aus Überzeugung.
Frage 5
Was waren deine dramatischsten bzw. schlimmsten Erlebnisse mit deinen Schildkröten?
Von einem schlimmen Erlebnis an sich kann ich nicht berichten. Mit einem Augenzwinkern kann ich aber zugeben, dass die erste Starre für mich recht dramatisch war. Als Kontrollfreak einen natürlichen Vorgang zu begleiten ohne einzugreifen, war für mich eine große Herausforderung. Vor allem weil ich ihnen die natürliche Überwinterung in der Grube gönnen wollte, wo man halt nicht mal kurz die Schildkröten zur Kontrolle ausbuddelt.
Frage 6
Was waren deine schönsten Erlebnisse mit den Panzerträgern?
Am schönsten finde ich jedes Jahr den ersten „Landgang“, wenn endlich die Sonne scheint und sie rausdrängen, sich auf die Pflanzen stürzen und sich genüsslich in der Sonne wärmen.
Frage 7
Hast oder hattest du Krankheitsfälle/Verletzungen bei deinen Tieren und was hast du getan/tust du?
Lediglich die obligatorischen Kotuntersuchungen/ Entwurmungen jedes Jahr.
Frage 8
Wer kümmert sich um deine Tiere, wenn du in Urlaub fährst?
Der Urlaub findet meist im eigenen Garten statt. Sind wir doch mal verreist, versorgen meine Eltern, die im gleichen Ort leben, die Schildkröten. Da eh ständig Wasser und Futter zur freien Verfügung steht, muss eigentlich nur abends geschaut werden, ob alle da und unversehrt sind.
Frage 9
In ein, zwei Sätzen: Was würdest du Anfängern raten?
1.) Be prepared:
Gut informieren!!
Gute Literatur lesen und gerne auch den Austausch über gute social-media-Gruppen suchen. Das Hobby ist sehr umfangreich und in der Anschaffung von Technik/ Frühbeet/ Gehege durchaus kostspielig.2.) Think big:
Die empfohlenen 10 qm pro Tier sind ein Witz und in meinen Augen nicht tiergerecht.3.) Think outside the box:
Nicht alles, was andere machen, muss richtig sein. Der wichtigste Lehrmeister ist das Tier. Nachdenken und Beobachten führen zu den besten Erkenntnissen.
Frage 10
Hattest du mal die Möglichkeit, Schildkröten in ihrem natürlichem Lebensraum zu beobachten?
Vor vielen Jahren in der Türkei. Allerdings damals leider schon mit der Erkenntnis, dass das Ursprungshabitat schwindet und sich die Tiere neue Lebensräume suchen. Leider werden diese von vielen Beobachtern als Primärhabitat angesehen.
Die schönsten Beobachtungen konnten wir im Taurusgebirge abseits vom Tourismus machen.
Frage 11
Was fasziniert dich so an diesen urzeitlichen Tieren?
Wahrscheinlich ist es die Diskrepanz zwischen der Ruhe, die sie ausstrahlen und die auf mich abfärbt, und der Sturheit, dass sie immer ungefähr das Gegenteil von dem machen, was man gerne hätte
Und obwohl ich schon immer tier- und naturverbunden war, hat mich die Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Tiere noch sensibler für die Besonderheiten der einzelnen Jahreszeiten, Pflanzen- und Insektenwelt gemacht und meinen Garten in einen eigenen Lebensraum verwandelt.
Danke Sabrina für das Interview!
Antworttexte und Bilder: Sabrina Moreis
Alle Beiträge zu der Serie „Nachgefragt“ finden Sie mit allen Verlinkungen auf dieser Unterseite