Im neuen Heim
Foto: Sarah
In diesem Artikel möchte ich von einer berührenden Anfrage berichten, bei der ich einem älteren Halter helfen konnte, seine langjährige Begleiterin in ein neues Zuhause zu vermitteln. Auch hat mir dieses Erlebnis einmal mehr vor Augen geführt warum ich selbst keine griechischen Landschildkröten züchte und wie wichtig es ist, verantwortungsbewusst mit Tieren umzugehen.
Inhaltsverzeichnis
Warum ich keine griechischen Landschildkröten mehr züchte: Überfüllter Markt und Verantwortung
Ein entscheidender Grund, warum ich keine griechischen Landschildkröten mehr züchten (alle 4 Nachzuchten bleiben bei uns) ist, dass der Markt für Testudo hermanni stark überfüllt ist. Es gibt zum einen zahlreiche Züchter dieser Art, zum anderen sind die Auffangstationen übervoll mit griechischen Landschildkröten. Fast wöchentlich erreichen mich Anfragen von Haltern, die ihre Tiere abgeben möchten. Bei vielen dieser Halter hat sich ihre Lebenssituation geändert und können den Schildkröten leider nicht mehr die naturnahe Haltung bieten, die sie benötigen.
Vor einigen Jahren haben wir selbst drei Tiere aus einer Notsituation übernommen: ein Männchen und ein Weibchen aus schlechter Haltung sowie unsere Susi, die aufgrund altersbedingter Gründe von ihrer Halterin abgegeben wurde. Alle drei sind noch bei uns und erfreuen sich bester Gesundheit. Unsere Susi war fast 60 Jahre lang bei einer Halterin aus dem Nachbarort in Freilandhaltung. Leider konnte sich die Dame aufgrund ihres Alters nicht mehr um das schöne Tier kümmern, und so kam Susi zu uns. Seither lebt sie problemlos in einer gemischten Gruppe und legt seit einigen Jahren auch regelmäßig Eier.
Wir wollen keine weiteren Tiere mehr aufnehmen, da wir sonst ständig umbauen müssten, und wir werden ja auch nicht jünger! 😃 Die derzeitige Gruppengröße mit 10 adulten Tieren und 4 eigenen Nachzuchten (die ebenfalls bei uns bleiben) ist ausreichend. Auch wir müssen uns irgendwann mit dem Thema „Nachlassregelung“ beschäftigen. Unsere Kinder haben kaum Interesse daran, also versuche ich, die Enkelkinder mit einzubeziehen. 😃 Die ersten Erfolge stellen sich bereits ein, jetzt heißt es „Dranbleiben!“ 😃
Bei Anfragen kläre ich immer erst ab, ob es sich um ein Fundtier handelt oder ob die Anfrage vom eigenen Halter kommt. Bei einem Fundtier kann ich nur beratend helfen, da in solchen Fällen nach der Bestimmung die Behörde zuerst informiert werden muss.
Sind die nötigen Papiere vorhanden (und auch noch gültig!) versuche ich den Haltern zu helfen, indem ich meine Kontakte nutze und bei der Vermittlung unterstütze. Ich frage in meinem Bekanntenkreis nach, veröffentliche auf verschiedenen Facebook-Seiten eine Anfrage und stelle Bilder sowie Daten der Tiere auf meiner Homepage zur Verfügung. Einige Erfolge konnte ich dadurch bereits verbuchen.
Eine bewegende Anfrage aus Trier
Vor einigen Wochen erhielt ich eine Anfrage per E-Mail, ob ich eine griechische Landschildkröte übernehmen oder bei der Vermittlung helfen könne. Der Halter wohnt in Trier und hielt seit 60 Jahren eine weibliche Testudo hermanni boettgeri!
Mein erster Gedanke war: „Susi 2.0“!
Ich ließ mir einige Bilder zuschicken und erkundigte mich nach den Umständen. Es handelte sich um ein wunderschönes, sehr dunkel gefärbtes Tier mit einem Gewicht von 2800 Gramm. Leider war die Situation ähnlich wie bei Susi: Der ältere Herr konnte sich nicht mehr um das Tier kümmern, und der Garten war komplett zugewuchert. Derjenige, der normalerweise half, war ebenfalls nicht mehr in der Lage zu helfen. Hier war wirklich schnelles Handeln gefragt, da die Schildkröte provisorisch in einem Gittergehege von 1×1 m auf der Terrasse lebte.
Foto: Nick
Ich sagte meiner Frau Sonja, dass ich mich darum kümmern und das Tier notfalls auch selbst übernehmen würde. Nach dem Telefonat mit dem Halter war mir klar, dass ich alles versuchen musste, um dem Tier zu helfen. Dem älteren Herrn tat es in der Seele weh, seine treue Begleiterin so halten zu müssen. Doch zuerst mussten noch einige E-Mails geschrieben und Telefonate geführt werden.
Artenschutz und Bürokratie
Die griechische Landschildkröte (sowie alle europäischen Landschildkröten) gehört zu den stark gefährdeten Tierarten und fällt unter das Washingtoner Artenschutzabkommen mit Schutzstatus A (vom Aussterben bedroht). Sie unterliegt der Melde- und Kennzeichnungspflicht. Der rechtmäßige Erwerb sowie die Herkunft der Schildkröten müssen nachweisbar und die Kennzeichnungspflicht (Fotodokumentation) muss lückenlos nachvollziehbar sein.
Das Washingtoner Artenschutzabkommen wurde am 3. März 1973 in Washington D.C. unterzeichnet, und Deutschland trat am 20. Juni 1976 als erstes Land aus der Europäischen Gemeinschaft dem Abkommen bei.
Somit standen wir vor dem nächsten Problem: Das Tier lebte seit 1962 beim Halter (damals wohl als Wildfang importiert) und hatte natürlich keine Papiere. Ich informierte den Halter am Telefon, dass er sich zuerst bei der Behörde kümmern müsse, da er sich sonst strafbar macht (und der neue Besitzer natürlich auch!), wenn das Tier einfach so weitergegeben wird. Für den lieben Herren war das dann doch zu viel, und er bat mich, dies mit der Behörde zu klären.
Im Amt waren sie sehr verständnisvoll und hofften natürlich auch, dass ich einen neuen Halter finden würde. Sie wiesen mich jedoch darauf hin (was ich ja bereits wusste), dass ohne Papiere das Tier nicht vermittelt werden darf bzw. die Behörde das Tier einzieht und nur gegen einen Überlassungsvertrag weitervermittelt werden kann. Die bessere Alternative wäre es natürlich, wenn die Behörde eine EU-Bescheinigung (vormals CITES) ausstellen könnte.
Erfolgreiche Beantragung der EU-Bescheinigung: Fotos und Geduld führten zum Ziel
Für die EU-Bescheinigung benötigte die Behörde aktuelle Bilder von Rücken- und Bauchpanzer auf einem cm-Karopapier sowie das aktuelle Gewicht und das Schlupfdatum (was in diesem Fall natürlich nicht ermittelt werden konnte). Das war noch eine leichte Aufgabe! Damit das Tier jedoch dem jetzigen Besitzer auch wirklich zugeordnet werden konnte, fragte die Behörde nach älteren Bildern, auf denen das Tier eindeutig zu erkennen ist.
Ich telefonierte erneut mit dem netten Herren und erklärte ihm die Situation. Die Bilder von Rücken- und Bauchpanzer mit einem daneben liegenden Zollstock hatte der Halter super hinbekommen und wurden von der Behörde akzeptiert. Nach längerer Suche fand er in seinen Fotoalben noch zwei sehr schöne Bilder seiner Schildkröte: eines in schwarz-weiß aus den 60er Jahren mit seinem Bruder sowie ein farbiges Bild aus den frühen 70ern mit seiner Mutter. Auf diesem Bild war das Tier eindeutig zuzuordnen. Somit hatten wir die größte Hürde geschafft. Die zuständige Behörde akzeptierte das Bild und nach zwei Wochen erhielt der Halter die EU-Bescheinigung per Post.
Eine griechische Landschildkröte findet ihr neues Zuhause
In der Zwischenzeit hatte ich das Tier auf meiner Homepage zur Abgabe aufgenommen und in der Notfallgruppe gepostet. Bei diesem wunderschönen Tier war die Resonanz riesig, und ich entschied mich schließlich für Sarah als neue Halterin. Anfang September fuhr ich nach Trier und holte das Tier ab. Es fiel dem Halter sehr schwer, sein Tier abzugeben (logisch, nach 60 Jahren), aber er war glücklich, dass sie jetzt in gute Hände mit einem großen Garten kommt.
Beim Verkauf oder der Übergabe an einen neuen Besitzer muss der aktuelle Halter das Tier bei der zuständigen Behörde abmelden und den neuen Halter benennen. Der neue Halter ist anschließend verpflichtet, die Schildkröte unter Angabe der EU-Bescheinigungsnummer bei seiner Behörde anzumelden.
Ich hatte, nachdem mich der ehemaliger Halter darum gebeten hatte, diese Aufgabe für ihn in seinem Namen übernommen und die Schildkröte bei der Behörde in Trier abgemeldet.
Auf diesem Wege möchte ich mich noch bei den zuständigen Mitarbeiter für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Foto: Sarah
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