Vor einigen Wochen veröffentlichte die Auffangstation für Landschildkröten der StädteRegion Aachen auf Facebook Fotos einer Testudo horsfieldi in einem erbarmungswürdigem Zustand. Die Station suchte einen Aufnahmeplatz für Knubbelchen. Dass die Schildkröte so katastrophal verwachsen ist, ist eine Folge miserabler Haltung, man kann es nicht anders sagen. Wir baten Amine Fehr, Leiterin der Station, uns etwas ausführlicher Auskunft über Knubbelchen zu geben.
Knubbelchen ist ein eindruckvolles Beispiel dafür, zu was es führen kann, wenn man seine Tiere nicht artgerecht hält. Wir möchten das vor allem denen ins Stammbuch schreiben, die immer noch der Ansicht sind, dass Terrarien- statt Freilandhaltung für Europäische Schildkrötenhaltung möglich ist.
Von Amine Fehr
Bereits in meinen Artikeln „Folgen schwerer Haltungsfehler bei Europäischen Landschildkröten – Plädoyer für eine artgerechte Freilandhaltung“ und „Zur artgerechten Haltung Europäischer Landschildkröten und ihrer Gesundheitsvorsorge und alternativmedizinische Behandlung“ habe ich auf die Problematik einer völlig falschen Haltung bei Landschildkröten aufmerksam gemacht.
Dennoch erstaunt es mich immer wieder, wenn besonders schlimme Fälle in die Praxis kommen, da sowohl der Büchermarkt als auch das Internet eine Vielzahl qualifizierter Informationen bieten, die es auch dem Einsteiger ermöglichen, von Beginn an alles richtig zu machen.
Im Januar 2017 wurde mir eine ca. 6-8 Jahre alte Testudo horsfieldii in die Offizielle Auffangstation für Landschildkröten der StädteRegion Aachen gebracht. Das Tier wog 780 g bei einer Größe von 12 cm. Der Halter dieser Schildkröte hat so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann.
Jahrelange Fehlernährung, eine durchgehende Terrarienhaltung mit falscher Beleuchtung und eine fehlende Winterstarre haben aus dieser Landschildkröte ein deformiertes, schwerkrankes Tier werden lassen.
Die falsche und nicht artgerechte Haltung im Terrarium führte zu einem vollkommen deformierten Rückenpanzer. Zusätzlich ist das Tier aufgrund falscher Ernährung und Bewegungsmangel extrem adipös. Die Augenlider sind stark geschwollen. Das übermäßige Krallenwachstum und der Papageienschnabel sind noch das geringste Problem.
Natürlich sind auch die Organe geschädigt. Erste Hinweise geben die geschwollenen Augenlider. Die durchgeführten Blutuntersuchungen zeigten eine starke Erhöhung der Harnsäurewerte, was mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer übermäßigen Fütterung proteinreicher „Nahrung“ resultiert.
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Erhöhte Harnsäurewerte können zu Nierenschädigungen (insbesondere bei zu geringer Luftfeuchtigkeit und Flüssigkeitsmangel), Gicht und Blasensteinen führen. Zusätzlich liegt ein inadäquates Calcium-Phosphorverhältnis vor. Die parasitologische Untersuchung des Kotes zeigte einen hohen Gehalt an Oxyureneiern. Immerhin: der erste Herpestest war negativ.Leider ist dies bei weitem kein Einzelfall. Er zeigt aber in besonderem Maße, dass die Terrarienhaltung nichts anderes ist als eine massive Tierquälerei, die auf Dauer zu einem schleichenden und qualvollen Tod des Tieres führt.
Amine Fehr, Praxis für Alternative Tiermedizin
Leiterin der offiziellen Auffangstation für Landschildkröten der StädteRegion Aachen
Wilhelmbusch 11
52223 Stolberg (Rhld.)
Tel: 02402-1274998
Internet: www.tierheilpraxis-fehr.de
E-Mail: info@tierheilpraxis-fehr.de
Text: Amine Fehr, Fotos Hartmut Fehr
Vielen Dank an Amine Fehr und Herrn Lutz Prauser, Redaktion TESTUDOWELT für die Einwilligung zur Veröffentlichung des Beitrages auf meiner Homepage
erschienen in der TESTUDOWELT, 02/ 2017
„Schildkrötenkrankheiten, Handbuch“
– Körperbau und Funktion der Organe – Nervensystem und Sinnesleistungen – Ausgewählte Verhaltensweisen – Wachstum und Alter – Direkte Haltungs- und Fütterungsschäden – Erkrankungen: Kopf, Augen, Ohren, Atmungsorgane und Verdauungsorgane – Vergiftungen – Bebrütungsfehler und Jungtiererkrankungen.
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