Wieviel RISIKO brauchen unsere Schildkröten?

Gedanken von
Steffi Kov

Ich stolpere immer wieder über Kommentare wie „Wer sammelt denn nachts in der Natur ein? Gibt es da keine Fressfeinde?“ Oder „In der Natur trennt auch niemand das Weibchen von zu aufdringlichen Männchen“ oder „In der Natur gibt es auch Parasiten“
Ich möchte dazu mal einen Denkanstoß zum Umdenken geben.

Ja in der Natur ist es anders, aber wir werden -egal wie wir uns bemühen- nie auch nur annähernd naturnahe Bedingungen schaffen.
Also gilt:

Das Positive abschauen (Gehegegestaltung, Futter, Temperatur, Überwinterung etc.) und
das Negative/Gefahren so gut möglich fernhalten (Hunger, Wasserknappheit, Müll, Feinde wie Autos/Fressfeinde, Verletzungen durch andere Schildkröten etc.).

Griechische Landschildkröte in Griechenland in einem Habitat
Griechische Landschildkröte in Griechenland in einem „natürlichem“ Habitat
Bild aufgenommen am Strand-So sah es leider am Strand an vielen Stellen aus

Im Vergleich zur Natur leben unsere Tiere auf kleinem Raum:

  • bei Gruppen: mit mehr Artgenossen
  • bei Einzelhaltung: ohne jegliche Artgenossen
  • ohne andere Tiere aus dem natürlichen Habitat
  • mit von uns vorgegebener Gesellschaft (Menschen, Schildkröten etc.)
  • in von uns vorgegebenen Gehegen
  • kommen mehr mit Kot/Urin von Artgenossen in Berührung (und somit auch mit Parasiten)
  • mit den von uns für gut befundenen Verstecken
  • mit den von uns für gut befundenen Untergründen
  • fressen das von uns vorgegebene Futter/Calcium
  • trinken das von uns vorgegebene Wasser
  • mit dem von uns vorgegebenen Tagesablauf (durch den Standort und die Technik)
  •  sie können da ihren Instinkten nur ganz begrenzt folgen
    –> Die Liste könnte noch weiter gehen…

Und dann sagen viele, bei den ganzen Chancen die wir haben unsere Tiere naturnäher oder besser zu halten (gute Futterauswahl, mehrere Trinkstellen mit täglich frischem Wasser, gute Strukturierung, Gehegegröße etc.), dass man diese nicht oder nur bedingt nutzt aber naturnähere Haltung bekommen, wenn sie wenigstens einige Risiken ausgesetzt werden (ungeschützte Übernachtung, Verletzung durch Männchen etc.) !?
Und diesem Risiko werden sie nicht einmal unter natürlichen -sondern zu unseren- Bedingungen ausgesetzt.

Diese Logik entzieht sich mir komplett. Wir halten Haustiere aus reinem Egoismus. Also sollten wir uns bemühen ihnen, in unserem Rahmen, das bestmögliche Leben zu bieten.

Und falls das Argument „das machen wir schon ewig so und ist nie was passiert“ einem auf der Zunge liegt:
Stimmt das? Sind vielleicht Nachteile durch Parasiten entstanden (zu schnelles Wachstum/Organschäden…) welche wir dem nicht zugeordnet oder noch nicht bemerkt haben? Ist das Weibchen vielleicht dauergestresst?

Knochenreste vom Panzer einer griechischen Landschildkröte
Knochenreste vom Panzer
Bild aufgenommen am Strand in Griechenland

Falls tatsächlich noch nichts passiert ist:
Ja, läuft bei vielen Sachen im Leben so. Es wurde auch noch nie bei mir eingebrochen oder hat noch nie bei mir gebrannt oder oder oder… heißt das jetzt, es wird garantiert nie passieren?

Vielleicht hat man auch bestimmte Risiken noch nicht bedacht… ok. Wenn sie dann bekannt werden, sollte man dieses abschätzen. Denn wenn was passiert, bedeutet es für das Tier oft Leid (und ist bestimmt auch für die Halter nicht schön wenn der Schaden erkennbar ist). Und es zu vermeiden ist meist so simpel. Schätzt euch glücklich, optimieren zu können, bevor Schäden entstanden sind.

Und dafür sind doch alle hier, um Inspiration für Verbesserungen zu bekommen oder zu geben. In diesem Sinne lassen wir unsere Krötchen gut und sicher bei uns leben 🐢

natürlicher Lebensraum in Griechenland
Aber es gibt natürlich auch wunderschöne Lebensräume in Griechenland für europäische Landschildkröten
Wie hier am Fuße des Olymps
Visited 124 times, 3 visit(s) today

Schreibe einen Kommentar